Zwischen Papierstau und Promptkunst: Wie KI den Sachbearbeiter beflügelt
In deutschen Amtsstuben stapeln sich Akten, Stempel knallen im Sekundentakt – und irgendwo dazwischen sitzt ein Sachbearbeiter mit leuchtenden Augen vor seinem Bildschirm. Warum? Auf seinem Rechner läuft ChatGPT.
Dieses Bild ist kein Science-Fiction. Es ist eine Momentaufnahme des Umbruchs, in dem wir uns befinden. Zwischen Formular-Dschungel und Verwaltungsrealität entsteht eine stille Revolution: Eine neue Arbeitsweise, unterstützt von künstlicher Intelligenz – effizient, entlastend, motivierend.
Verwaltung heute: Zwischen Struktur und Stillstand
Die öffentliche Verwaltung ist das Rückgrat eines funktionierenden Gemeinwesens. Hier wird organisiert, geprüft, genehmigt, dokumentiert. Doch genau dieses Rückgrat ächzt unter der Last seiner Aufgaben:
• Der demografische Wandel sorgt für massiven Personalmangel.
• Immer mehr Aufgaben werden von Bund, Ländern und Kommunen an die Verwaltung delegiert.
• Bürgerinnen und Bürger erwarten digitale, bürgernahe Prozesse – und zwar jetzt, nicht in zehn Jahren.
• Gleichzeitig fehlen oft die Mittel, die Zeit und die Kapazitäten, um bestehende Prozesse grundlegend zu modernisieren.
In vielen Behörden ist die Realität ernüchternd: Aktenordner auf dem Gang, Dokumente in fünffacher Ausfertigung, Faxgeräte im Dauereinsatz. Und Mitarbeitende, die oft das Gefühl haben, nur noch hinterherzurennen.
Was passiert, wenn KI ins Amt kommt?
Und dann kommt ein Tool wie ChatGPT. Einfach zugänglich, kein kompliziertes Einführungsprojekt, sondern direkt im Browser nutzbar. Und plötzlich merkt jemand im Team:
„Ich kann meine Texte schneller schreiben, meine Gedanken strukturieren, rechtliche Inhalte verständlich formulieren – und das mit einem digitalen Assistenten, der nie müde wird.“
Plötzlich entsteht ein neuer Arbeitsstil:
• Bürgeranfragen werden schneller und einfühlsamer beantwortet.
• Vermerke und Stellungnahmen entstehen innerhalb von Minuten statt Stunden.
• Interne Schulungsunterlagen lassen sich individuell und kontextbezogen aufbereiten.
• Recherchen zu rechtlichen Grundlagen, Definitionen oder Prozessvergleichen laufen automatisiert.
Es geht nicht darum, Menschen zu ersetzen. Es geht darum, ihnen wieder Zeit zum Denken zu geben. Und genau das motiviert.
Der entscheidende Unterschied: Die Qualität des Prompts
Warum klappt das nicht bei allen so gut?
Ganz einfach: Weil ChatGPT nicht „von allein“ perfekt antwortet.
Die Qualität der Antwort hängt immer an der Qualität der Eingabe – des Prompts.
Stell dir die KI wie eine hochbegabte Assistenz vor. Wenn du ihr nur sagst:
„Mach mal was zu § 16a SGB II“,
dann wird sie raten, was du meinst.
Wenn du ihr aber sagst:
„Fasse § 16a SGB II in einfacher Sprache zusammen – für eine Schulungspräsentation für neue Mitarbeitende in der Eingliederungsberatung“,
wird sie liefern. Deshalb: Gute Prompts sind der Schlüssel.
7 Stichpunkte für bessere Prompts – ausführlich erklärt
Diese 7 Prinzipien helfen dir, aus guten Ideen exzellente KI-Unterstützung zu machen. Sie stammen direkt aus der Praxis – und funktionieren auch im stressigen Büroalltag:
1. Sei so klar und präzise wie möglich
Die größte Fehlerquelle beim Prompten ist: Unschärfe.
Viele Menschen schreiben Prompts wie „Schreib mal was über Bürgergeld“. Das ist, als würdest du jemandem sagen: „Geh mal einkaufen“, ohne zu sagen, was du brauchst.
🔹 Statt: „Schreib was über Bürgergeld“
🔸 Besser: „Erstelle einen einseitigen, sachlichen Infotext über das Bürgergeld für eine Broschüre, die sich an Langzeitarbeitslose richtet. Sprache: einfach, aber nicht herablassend.“
Je klarer du formulierst, desto besser versteht die KI, was du willst – und was nicht.
2. Gib eine Rolle oder Perspektive vor
ChatGPT ist ein Sprachmodell – aber es kann sich in unterschiedliche Rollenhineinversetzen. Und genau das hilft enorm bei der Qualität der Antworten.
🔹 Beispiel:
Wenn du sagst: „Du bist ein Dozent für öffentliches Recht und erklärst Studierenden die Unterschiede zwischen Verwaltungsakt und öffentlich-rechtlichem Vertrag.“
bekommst du eine didaktisch strukturierte, zielgruppengerechte Erklärung.
🔹 Weitere mögliche Rollen:
• „Du bist ein Jobcenter-Mitarbeiter mit 20 Jahren Erfahrung…“
• „Du bist ein Kommunikationstrainer…“
• „Du bist eine Ausbilderin in der Kommunalverwaltung…“
Solche Perspektiven helfen der KI, Tonfall, Tiefe und Inhalt besser auszurichten.
3. Definiere Format & Struktur
Willst du eine Tabelle, eine Liste, ein Fließtext, eine Zusammenfassung in Bulletpoints oder ein Quiz? Sag es. ChatGPT kann viele Formen – aber es weiß nicht automatisch, welche du willst.
🔹 Beispiele:
• „Erstelle eine 5-Punkte-Liste mit kurzen Erklärungen.“
• „Formatiere das Ergebnis als Vergleichstabelle mit Spalten: Paragraf | Inhalt | Anwendungsbeispiel.“
• „Antworte in Stichpunkten, ohne Fließtext.“
Je genauer du das Format vorgibst, desto weiter kannst du das Ergebnis direkt verwenden, ohne nachträglich umzuarbeiten.
4. Gib Kontext oder Hintergrundinformationen
Viele Prompts scheitern daran, dass sie keine situative Einbettung enthalten. Die KI weiß nicht, in welchem Rahmen du arbeitest – es sei denn, du sagst es ihr.
🔹 Statt: „Erkläre mir das SGB IX“
🔸 Besser: „Ich bereite eine interne Präsentation für neue Reha-Fallmanager vor. Bitte gib mir einen Überblick über die zentralen Inhalte des SGB IX, mit Fokus auf Teilhabe am Arbeitsleben.“
Du kannst auch Informationen aus dem eigenen Arbeitsumfeld einbauen:
• „Wir arbeiten in einem Bürgerbüro…“
• „Ich bin Teamleitung im Ausländeramt…“
• „Die Zielgruppe sind Personen mit geringen Deutschkenntnissen.“
Kontext ist kein Extra – er ist das Fundament für relevante Antworten.
5. Bestimme die Zielgruppe
Ein und derselbe Inhalt kann völlig unterschiedlich klingen – je nachdem, für wen er bestimmt ist.
🔹 Beispiele:
• Für Bürgerinnen und Bürger → einfache Sprache, freundlich, auf Augenhöhe.
• Für interne Schulung → fachlich korrekt, aber didaktisch strukturiert.
• Für Führungskräfte → prägnant, strategisch, auf das Wesentliche reduziert.
• Für Kinder → bildhaft, spielerisch, vereinfacht.
Wenn du die Zielgruppe benennst, hilft das der KI, Sprache, Tonalität und Tiefe gezielt anzupassen.
6. Teste und verfeinere (iterativ arbeiten)
Kein Prompt ist beim ersten Mal perfekt. KI-Arbeit ist iterativ.
Das heißt: Du gibst ein erstes Briefing – sie liefert. Dann schärfst du nach.
🔄 Beispiel:
1. Prompt 1: „Erkläre die Aufgaben eines Ordnungsamts.“
2. Feedback: „Bitte in Bulletpoints und mit konkreten Beispielen.“
3. Feedback: „Weniger juristisch – mehr für die Bürger gedacht.“
4. Prompt 4: Perfekt.
Diese Schleifen kosten wenig Zeit – bringen aber massiv an Qualität.
Tipp: Nutze das Chatverlauf-Feld! ChatGPT „merkt sich“, was vorher gesagt wurde – und du kannst aufbauen statt neu beginnen.
7. Sag, was du nicht willst (optional, aber mächtig)
Manchmal ist es entscheidend, klare Grenzen zu setzen.
🔹 Beispiele:
• „Keine Fachbegriffe verwenden.“
• „Maximal 150 Wörter.“
• „Bitte kein Fließtext, sondern nur Stichpunkte.“
• „Nicht zu technisch – Ziel ist ein niedrigschwelliger Zugang.“
Gerade in der Verwaltung, wo Texte oft standardisiert weiterverwendet werden, ist es hilfreich, solche Einschränkungen gleich mitzugeben. Die KI liebt Klarheit – also gib sie ihr.
Und die anderen? Schreddern weiter Papier.
Während der eine Sachbearbeiter motiviert seine Arbeit erledigt, mit ChatGPT als Assistent – stempeln, lochen, sortieren andere weiter manuell. Nicht, weil sie schlechter sind. Sondern weil sie:
• nie geschult wurden,
• keine Freigabe haben,
• nicht wissen, wie man Prompts schreibt,
• glauben, dass KI „zu uns nicht passt“.
Das ist kein Vorwurf. Es ist ein strukturelles Versäumnis.
Was jetzt gebraucht wird
Damit Verwaltung nicht zurückfällt, sondern vorangeht, braucht es:
✅ Schulungen in KI-gestütztem Arbeiten – mit Praxisbezug
✅ Prompt-Kompetenz als neue Schlüsselqualifikation
✅ Verantwortungsvoller Umgang mit Datenschutz & Transparenz
✅ Leitfäden, interne Use Cases und klare Regeln für die Nutzung
✅ Pilotprojekte, die zeigen: Das funktioniert auch bei uns!
Und vor allem: Mut zur Veränderung.
Vom Dienst nach Vorschrift zur Gestaltungskraft
Vielleicht braucht es nur einen Rechner mit ChatGPT – und eine Person, die weiß, wie man gute Prompts schreibt.
Das ist keine Zukunftsmusik. Das ist Gegenwart.
Und sie beginnt mit dem nächsten Satz, den du in ein Textfeld tippst.
Wie ist deine Erfahrung mit KI in der Verwaltung oder im Büro?
Kennst du eher die „Papierstapler“ oder die „Prompt-Zauberer“?
Lass es mich in den Kommentaren wissen – oder teile den Beitrag, wenn du Veränderung mitgestalten willst.
Euer Simon,
#Verwaltung #KI #ChatGPT #ÖffentlicherDienst #DigitaleTransformation #PromptEngineering #Büroalltag #DailyPrompt #FutureOfWork #BehördenDigital